Erfolg bei Malariabekämpfung in Tansania

Die NZZ vom Samstag 20.6.15 setzt sich kritisch mit der Entwicklungszusammenarbeit auseinander. Die Malariabekämpfung in Tansania wird als erfolgreich bezeichnet.

Tansania ist ein Liebling der Entwicklungszusammenarbeit. Auch die Schweiz engagiert sich seit vielen Jahren, vor allem im Gesundheitsbereich. Aber das Land versinkt zunehmend in lähmender Korruption.

Der Westen hat in den vergangenen 50 Jahren über zwei Billionen Franken für Entwicklungshilfe ausgegeben. Aber er schafft es nicht, die Betroffenen mit Moskitonetzen und Medikamenten zu versorgen, die wenig kosten, aber Millionen von Malaria-Todesfällen verhindern könnten. Wie ist das möglich? Mit dieser empörten Frage eröffnet der amerikanische Ökonom William Easterly sein Buch «Wir retten die Welt zu Tode».

Kürzlich lud die Swiss Malaria Group interessierte Parlamentarier zu einer Reise nach Tansania ein. Der ostafrikanische Staat ist einerseits stark von Malaria betroffen, andererseits seit langem ein Liebling der Entwicklungszusammenarbeit. Mit andern Worten: Am Beispiel von Tansania kann man Easterlys Frage gut untersuchen.

Dank grossem Engagement insbesondere auch vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut (Swiss TPH) und von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) konnten die Malaria-Zahlen in Tansania in den letzten Jahren markant gesenkt werden. Insbesondere in Ifakara ist die Schweiz seit den zwanziger Jahren aktiv. Dort steht auch das renommierte Ifakara Health Institute, ein hochrangiges Forschungszentrum für Tropenkrankheiten, das seine Existenz vor allem dem Swiss TPH und seinem umtriebigen Direktor Marcel Tanner verdankt.

(...) Eines der grossen Probleme in Tansania ist die Verteilung der Medikamente. Sie sind zwar da, aber nie dort, wo man sie gerade braucht. Um Abhilfe zu schaffen, hat Novartis zusammen mit diversen Partnern das «SMS for Life» -Programm lanciert. Die Angestellte in der Krankenstation von Mlingotini – einer Ortschaft in der Nähe von Bagamoyo – demonstriert, wie es geht. Sie hat eine spezielle App auf ihrem Handy. Einmal pro Woche gibt sie damit eine Inventarliste der Medikamentenvorräte an die Zentrale durch. So können Engpässe rechtzeitig vermieden werden. Für jede SMS bekommt sie fünfzig Rappen gutgeschrieben.

Das Programm ist raffiniert und simpel zugleich. Aber jedes System ist nur so stark wie sein schwächstes Element. Auch wenn die Zentrale nun über die Vorräte im ganzen Land unterrichtet ist, heisst das noch nicht, dass der Nachschub dann auch kommt. Oft liegt die Knappheit auch nicht am Mangel an Informationen, sondern schlichtweg daran, dass die zuständigen Leute die Medikamente verschwinden lassen und illegal verkaufen. Sie sind gar nicht an Effizienz und Transparenz interessiert. Eher desillusioniert zeigt die Krankenschwester auf ihren Schrank. Er enthält nicht mehr als die zehn lebenswichtigsten Medikamente. Damit sollte sie in einem Einzugsgebiet von zehntausend Einwohnern die medizinische Versorgung sicherstellen. Eigentlich ist sie völlig überfordert. Unterstützung, Hilfe oder Informationen vom Staat bekomme sie eigentlich nicht, sagt sie. Und andere Ressourcen gibt es hier praktisch nicht. Die meisten Bewohner sind Kleinbauern, die vor allem für sich selber produzieren. Das Einzige weit und breit, das hier hergestellt wird, ist eine Seife namens Mwani.

Auch in Mpamantwa ist die Armut mit Händen zu greifen. Das Dorf befindet sich nur eine halbe Autofahrstunde von der Hauptstadt Dodoma entfernt, aber es mangelt an allem. Weil selbst die einfachsten Geräte fehlen, muss der zuständige Arzt Blutproben jeweils in den nächsten Ort schicken zur Analyse. Auch Antibiotika sind Mangelware, und sogar Wasser ist ein Problem. Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Auch an diesem Nachmittag können Krankenversicherungen abgeschlossen werden.

Mithilfe eines Smartphones können sich die Bewohner in den sogenannten Community Health Fund aufnehmen lassen. Sie bezahlen umgerechnet sechs Franken, ihr Konterfei wird aufgenommen, sie füllen ein kleines Formular aus, dann bekommen sie eine Mitgliederkarte mit einem QR-Code. Wenn sie sich das nächste Mal präsentieren, braucht der Medical Officer den Code lediglich mit seinem Handy abzulesen und erhält so Zugang zum Bild und zu den zentral gespeicherten Daten des Patienten. Damit wird mit einem Mal sowohl das Problem der Versicherung wie dasjenige der Datenspeicherung gelöst. Das Projekt wird von der Deza finanziert und vom Swiss TPH umgesetzt. Es zeigt, dass es bei Entwicklungszusammenarbeit heute oft nicht um handfeste Einzelprojekte wie Brunnenbau, sondern um weniger fassbare, aber höchst relevante Strukturänderungen geht, bei denen gerade Hightech lokalen Bedürfnissen entgegenkommen kann. Allerdings ist gerade Tansania auch ein warnendes Beispiel dafür, dass die besten internationalen Projekte an ihre Grenzen stossen, wenn die soziopolitische Entwicklung des Landes nicht Schritt hält...

Zum vollen Artikel in der NZZ vom Samstag 20.6.2015.